Wieder neonazistisches Großevent in Sachsen geplant

Für den 05. Juni 2010 kündigen sächsische Neonazis den so genannten „3. JN-Sachsentag“ an. Bei dieser Veranstaltung sollen neben RechtsRock-Bands auch Redner verschiedener neonazistischer Spektren auftreten. Ergänzt wird das Angebot durch (Info-)Stände diverser Szene-Gruppierungen, Versände und Labels.

Angekündigt wird der „Sachsentag“ für den „Großraum Dresden“, der konkrete Ort soll erst kurzfristig bekannt gegeben werden. Nach Informationen des art dresden liegt eine entsprechende Anmeldung im Landkreis Görlitz vor. Demnach kann vermutet werden, dass der Veranstaltungsort sich auf dem Gelände des „Niederschlesichen Feriendorfs“ am Quitzdorfer Stausee befindet. Dort fanden schon mehrere einschlägige Veranstaltungen statt. Das für Anfang August geplante Pressefest der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“ soll ebenfalls an diesem Ort stattfinden.

Hinter dem „Sachsentag“ steht die Jugendorganisation der NPD, die Jungen Nationaldemokraten (JN). Zum nunmehr dritten Mal veranstaltet sie das Neonazi-Festival und versucht so ihren Einfluss auf neonazistische militante „freie Kräfte“ genauso zu stärken, wie noch nicht ideologisierte Jugendliche anzusprechen. Ohnehin ist die sächsische JN seit Jahren nicht nur personell, sondern vorrangig auch in der ideologisch am Nationalsozialismus ausgerichteten Überzeugung, deckungsgleich mit weiten Teilen des Spektrums „parteifreier“ gewaltbereiter Neonazis. Wie die Internetpräsenz des „Aktionsbüros Nordsachsen“ zeigt, werden die Trennlinien zwischen ehemals parteiunabhängingen „Freien Kräften“ und Partei-Nazis von NPD und JN zusehends auch strukturell aufgelöst. So haben die Jungen Nationaldemokraten auf der Homepage des „Aktionsbüro Nordsachsen“, einem Teil des so genannten „Freien Netz“, mittlerweile eine eigene Kategorie. Deutlicher Ausdruck für die Neuorganisation der JN war die Gründung von vier Stützpunkten der JN in Delitzsch-Eilenburg, Torgau, Oschatz und Wurzen Ende November 2009.

Und der Ausbau der Strukturen soll weitergehen: Ein zusätzlicher JN-Stützpunkt sei in Borna geplant.

In den vergangenen Jahren war es wiederholt zu Straftaten am Rande der „Sachsentage“ gekommen. So führten Neonazis im Sommer 2008 eine Spontandemonstration nach dem Verbot des „Sachsentages“ in Dresden durch. Dabei griffen sie neben Journalisten auch einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes anund verletzten mehrere Personen schwer.

„Derartigen neonazistischen Großereignissen gilt es entgegenzutreten. Das dies nicht nur auf behördlich-verwaltungstechnischer Ebene passieren kann, versteht sich von selbst. Aktiver und entschlossener Widerstand gegen die neuen Nationalsozialisten ist notwendig und berechtigt.“ teilt das ART Dresden mit.

Konzept des „JN-Sachsentages“ ist es, mit einer Mischung aus szenebekannten RechtsRock-Bands, politischen Rednern und Informationsständen ein breites Spektrum der rechts bis neonazistisch orientierten Jugendlichen und jungen Heranwachsenden anzusprechen.

Die Bands:

Brutal Attack
Die Band (dt. Brutaler Angriff) ist eine der weltweit dienstältesten neonazistischen RAC-Bands und wurde 1980 gegründet. Sie gilt als eine Band aus dem „Blood & Honour“-Netzwerk, das in Deutschland seit 2000 verboten ist.
Von Beginn an bis heute ist nur noch der Sänger Ken McLellan aktiv. Bei den Auftritten wird er regelmäßig von Mitgliedern der Band 08/15 aus Düsseldorf unterstützt. Oft trat die Band in der Vergangenheit in Deutschland, aber auch im benachbarten Tschechien auf. Brutal Attack gelten aufgrund ihrer nunmehr 30jährigen Szenezugehörigkeit als eine der beliebtesten Bands im RechtsRock-Bereich und werden zum „JN-Sachsentag“ als „Zugpferd“ dienen. Derzeit befindet sich die Band auf einer Europa-Tournee und spielt dabei u.a. am 24.07. bei einem Konzert des „White Aryan Brotherhood“ von „Blood & Honour“ in London.

Frontalkraft
Auch Frontalkraft zählen zu den Urgesteinen der RechtsRock-Szene. 1992 in Spremberg gegründet, ist sie seit Jahren in Cottbus aktiv. Auch Frontlkraft traten mehrfach bei „Blood & Honour“-Veranstaltungen auf. In den vergangenen Jahren waren sie zudem immer wieder im Line up von NPD und JN-Veranstaltungen. Mit ihren Liedern leistet die Band einen aktiven Beitrag zur Verfestigung neonazistischer Ideen. Besonders beliebt und „Höhepunkt“ eines Frontalkraft-Konzertes ist das Lied „Schwarz ist die Nacht“ mit dem Refrain „Schwarz ist die Nacht, in der wir euch kriegen. Weiß sind die Männer, die für Deutschland siegen. Rot ist das Blut auf dem Asphalt.“ Für Ende Mai ist ein Auftritt von Frontalkraft beim „European Hammerfest“ in Mailand angekündigt. Das Konzert ist das 20jährige Jubiläum der europäischen Sektion des neonazistischen Netzwerks „Hammerskins“.

Barbaren
Die Band Barbaren stammt aus Eisenhüttenstadt und spielt klassischen RechtsRock (RAC). Ihre Mitglieder sind fest verankert in der (ost-)deutschen Neonaziszene. Das macht nicht zuletzt ihre regelmäßige Teilnahme an derartigen Konzerten deutlich.

Conflict
Conflict ist eine Band aus Tschechien. Ursprünglich wurde sie unter dem Namen „Conflict 88“ bekannt. Ihre Mitglieder zählen zu den führenden Aktivisten des in Tschechien verbotenen „Narodni Odpor“. Ebenfalls gilt die Band als dem Netzwerk „Blood & Honour“ zugehörig. Ihre Mitglieder zeichnen zudem massgeblich in der tschechischen RechtsRock-Szene für die Durchführung und Organisation von Neonazi-Konzerten und die Produktion und Verbreitung neonazistischer Musik und Merchandise-Artikel verantwortlich. In diesem Zusammenhang wird derzeit seitens tschechischer Behörden gegen sie ermittelt.
In Deutschland wurde die Band durch das RechtsRock-Label „PC-Records“ aus Chemnitz bekanntgemacht und produziert.

Last Pride
Auch die Erzgebirger Band Last Pride wird von PC-Records vertrieben. Sie spielt, als noch junge Band, ebenfalls RAC und ist in der regionalen Neonaziszene verankert.

 

Die Redner:

Maik Scheffler (NPD-Sachsen)
Der 36jährige Delitzscher blickt auf eine lange Karriere in der Neonaziszene zurück. In den 90er Jahren war er führend in der nordsächsischen Kameradschaftsszene aktiv. Später war und ist er Mitinitiator und massgeblicher Protagonist des „Freien Netz“ – einem Zusammenschluss militanter Neonazis vorrangig aus Westsachsen, Ostthüringen und Süd-Sachsen-Anhalt. Seit 2009 ist er zudem Vorsitzender des NPD-Kreisverbands Nordsachsen und NPD-Stadtrat in Delitzsch. Ausserdem ist er Mitglied im NPD Landesvorstand Sachsen und hier als Landesorganisationsleiter zuständig für Ordnerdienste u.ä..
Scheffler steht stellvertretend für den Versuch der sächsischen NPD, junge Neonazis aus dem Spektrum militanter so genannter „freier Kräfte“ einzubinden. Mit Scheffler begann ein deutlicher Ausbau der Strukturen der Jungen Nationaldemokraten in Nordsachsen. Sein Ziel sei es, so Scheffler, den Kreis Nordsachsen „zu einer zweiten Sächsischen Schweiz“ zu machen. Scheffler ist eine Integrationsfigur und Bindeglied in der sächsischen Neonaziszene.

Tommy Naumann (JN-Vorsitzender Sachsen)
Der Leipziger stammt ebenfalls aus dem Umfeld des „Freien Netz“. Mit seinem Amtsantritt als Landesvorsitzender der JN Sachsen verfolgt er das Ziel, die JN als radikale, am Nationalsozialismus orientierte Jugendorganisation auszubauen. Ähnlich wie Scheffler ist Naumann eine Schlüsselfigur in der Zusammenarbeit zwischen NPD und militanten Neonazis in Sachsen.

Maik Müller („freier Akivist“)
Maik Müller stammt ursprünglich aus dem Erzgebirge und ist seit knapp 10 Jahren in der neonazistischen Szene aktiv. Er verschrieb sich vorrangig der ideologischen Nachwuchs- und „Jugendarbeit“. Dazu war er in der Vergangenheit mitverantwortlich für den „Freien Rundbrief Dresden“. Sein Hauptagitationsfeld ist die Dresdner Neonazi-Homepage „Netzwerk Mitte“ und das „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“. Immer wieder ist er Anmelder für Demonstrationen, u.a. am 13. Februar 2009 in Dresden und am 1. Mai 2009 in Freiberg. Zudem ist er Mitglied der RechtsRock-Band »Priorität 18«.

Angekündigt als Redner ist ferner ein „Vertreter tschechischer Nationalisten + weitere Redner“. Seit etwa zwei Jahren ist ein zunehmendes Interesse deutscher Neonazis an Aktivitäten in Tschechien zu beobachten. Begünstigt durch ähnliche Entwicklungen in Tschechien entwickelte sich eine enge Kooperation. Regelmässig trat der tschechische Neonazi-Kader und Aktivist des verbotenen „narodni odpor“ Patrik Vondrak in Deutschland auf. Dass er selbst auch zum Sachsentag sprechen wird, ist unwahrscheinlich. Wegen neonazistischer Aktivitäten befindet er sich seit Ende Oktober 2009 in Tschechien in Untersuchungshaft.

Ursprünglich als Redner angekündigt war auch Andreas Storr. Der langjährige NPD-Kader ist mittlerweile Landtagsabgeordneter in Sachsen und Kreistagsabgeordneter im Landkreis Görlitz. Er fungiert als Multifunktionär der NPD und verantwortet nicht nur presserechtlich die JN-Theoriezeitschrift „Hier & Jetzt“, sondern auch die Homepage für den „Sachsentag“. Schon 2008 war Storr Versammlungsleiter und „Einheizer“ für den JN-Sachsentag und musste sich für ersteres im März 2010 vor dem Amtsgericht Dresden verantworten.

 

Die Unterstützer/Vernetzung

Ausserdem sind eine Reihe neonazistischer Initiativen angekündigt, die Infostände anbieten sollen. Dies dient vor allem dazu, regionale Projekte und Kampagnen einer größeren Szeneöffentlichkeit bekannt zu machen und auch das Repertoire an Aktionsmöglichkeiten zu verbreitern. So will sich die „JN Sachsen“ vorstellen, genauso wie die Dresdner Projekte „freier Kräfte“:  „“Arbeitskreis Jugend” im freien Widerstand“, „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“, „Dresdner Aktionskreis “17.Juni 1953″“ u.a. unterstützt und beworben wird der Sachsentag auch vom Pirnaer Neonazi-Händler und JN-Kader Martin Schaffrath und seinem Laden Crimestore, sowie dem Chemnitzer Label PC-Records von Yves Rahmel.