JN-Sachsentag 2008: NPD-Landtagsabgeordneter vor Gericht

Während die JN-Sachsen für den 5. Juni 2010 zum Sachsentag aufruft, ist der letzte derartige Tag im Jahre 2008 immer noch Anlass einiger juristischer Verfahren. Nachdem bereits mehrere Nazis für diverse Gewalttaten an diesem Tag verurteilt wurden, musste sich Mitte März der NPD-Landtagsabgeordnete Andreas Storr vor dem Amtsgericht Dresden verantworten. Storr soll als damaliger Versammlungsleiter gegen die von der Stadt Dresden erlassene allgemeine Nutzungsuntersagung für das Gelände der Tennisanlage in Pappritz verstoßen haben und erhielt einen Bußgeldbescheid über 5000€, gegen den er in Widerspruch ging.

Richter Jochen Meißner versuchte nun anderthalb Jahre später mehrere Fragen zu klären. Ist Storr der richtige Adressat des Bußgeldbescheides und hatte überhaupt eine Veranstaltung stattgefunden oder wurde diese nur vorbereitet? In der Woche vor dem geplanten JN-Sachsentag gab es einige juristische Verfahren durch mehrere Instanzen in denen die Nazis, vertreten durch die Anwaltskanzlei Hohnstädter aus Leipzig, versuchten einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen. Soweit das, was vor nahezu jeder Nazidemo auch passiert. Bemerkenswert war, dass die Klagen der Nazis allesamt als unbegründet abgewiesen wurden. Gegen ihre Veranstaltung lag kein Verbot vor, gegen das sie sich hätten wehren können. Die Stadt sah es auch nicht für notwendig an, extra für diese Veranstaltung eines auszusprechen, da über eine 2007 erlassene allgemeine baurechtliche Nutzungsuntersagung dem Eigentümer Veranstaltungen jedweder Art auf dem Gelände untersagt sind. Strittig war nun vor Gericht, ob Storr als Drittnutzer eine so genannte Duldungsverfügung hätte bekommen müssen oder ob er nicht im Auftrag des Eigentümers handelte und dieser eine Informationspflicht ihm gegenüber hatte.

Die Nazis mobilisierten trotzdem und fingen am Vorabend mit dem Aufbau für die Veranstaltung an. Bereits zu dieser Zeit wurde das Bauaufsichtsamt vorstellig, unterrichtete die anwesenden Nazis von der Nutzungsuntersagung und untersagte weitere Arbeiten. Die Nazis setzten diese – nach einer Unterbrechung – über Nacht und am folgenden Vormittag fort, so dass sich der Abordnung des Dresdner Ordnungsamtes gegen Mittag folgende Szenerie bot: Am Eingang war augenscheinlich die Möglichkeit aufgebaut Eintrittsgelder zu kassieren, Getränkestände waren vorhanden, etwa 50-70 Nazis befanden sich auf dem Gelände, konsumierten Getränke und von der Bühne ertönte lautstark Musik. Storr wurde mitgeteilt, dass keine Veranstaltung stattfinden dürfe und die Beschlagnahme von Getränken und Musikanlage angedroht. Nach wenigen Minuten willigte er ein und erklärte es werde keine Veranstaltung geben. Der JN-Sachsentag 2008 war Geschichte. Nur hatte er überhaupt begonnen? Diese Frage konnte nicht eindeutig geklärt werden. Weder hatten die Beamten festgestellt, ob bereits Eintritt genommen wurde, die Nazis die Getränke gekauft hatten, ob sie Gäste oder Personal waren, ob die Musik von der Bühne Programm oder Soundcheck war. Kurz: Lief die Veranstaltung schon oder wurde sie noch vorbereitet. Das mag etwas praxisfern wirken, ist aber für den Rechtsverstoß der Unterschied ums Ganze. Die allgemeine Nutzungsuntersagung verbietet zwar die Durchführung von Veranstaltungen aller Art, nicht aber deren Vorbereitung.

Da sich der Richter außerstande sah diese Fragen auch mit weiteren Zeugen zweifelsfrei zu klären, bot er eine Einstellung des Verfahrens bei voller Kostenübernahme auch der Auslagen von Storr durch die Staatskasse an. Darauf wurde sich geeinigt. Gleichzeitig kündigte die Staatsanwaltschaft an nun auch gegen den Eigentümer des Geländes einen Bußgeldbescheid zu erlassen. Damit gesellt er sich zu Uwe Meenen. Meenen, zwischenzeitlich NPD-Landesvorsitzender in Berlin, war jener angebliche Käufer des Pappritzer Geländes. Im Sommer 2007 wurde er stattdessen Pächter. Da ihm eine Duldungsverfügung vorlag, läuft auch gegen ihn ein Bußgeldverfahren bzgl. des JN-Sachsentages. Er konnte daher die Aussage verweigern.