Toleranz für Faschisten?

Erneut rechtes Konzert in der Reithalle in Dresden geplant

Für den 15. Juni 2013 ist das einzige Deutschland-Konzert der rechten US-Band Blood Axis angekündigt. Unsere Recherchen haben ergeben, dass dieses Konzert in der Reithalle auf der Straße E in Dresden stattfinden soll. Die Dark-Wave-Band mit ihrem Frontmann Michael Moynihan verherrlicht offen Faschismus und Nationalsozialismus. Wir fordern die Veranstalter und die Reithallen-Betreiber auf, die Veranstaltung abzusagen.

Die vor allem im Internet kursierenden Konzertankündigungen geben nur spärliche Informationen über den Veranstaltungsort. Dort heißt es, das Konzert finde im »Großraum Dresden« statt. Auf Nachfragen bestätigten sowohl Veranstalter Tower Promotions, als auch die Betreiber des Veranstaltungsraums den genauen Ort.

Kein Bruch, keine Distanz. Nirgends. – Fakten zu Blood Axi

Der Grund für die Zurückhaltung bei der Ortsangabe ist offenkundig. Die Band Blood Axis ist eine Vorreiterin des rechten Neofolks und verherrlicht mit ihrem Schaffen Faschismus und Nationalsozialismus. Das lässt sich anhand zahlreicher Beispiele belegen.

Gegründet wurde die Band, deren Name sich auf die Achsenmächte des 2. Weltkriegs – Deutschland, Italien und Japan – bezieht, Ende der 1980er Jahre. Als Logo nutzt sie das Kruckenkreuz, Symbol des Austrofaschismus und des völkisch-rassistischen Neutempler-Ordens.

Blood Axis beteiligte sich 1998 an der Compilation »Den Tiger reiten«. Diese erschien anlässlich des 100. Geburtstags Julius Evolas auf dem Dresdner Label Eis&Licht. Evola war ein philosophischer Wegbereiter des italienischen Faschismus, heute sind seine Schriften Inspiration für die sogenannte Neue Rechte. Am Sampler beteiligt waren auch die einschlägig rechten Bands Allerseelen, Von Thronstahl und Waldteufel. Im Booklet erläuterte Martin Schwarz das Motto der CD. Schwarz war damals Autor sowohl für das rechte Fanzine Sigill, als auch für die NPD-Zeitung Deutsche Stimme.

Im Jahr 2002 beteiligte sich die Band am Sampler »Eine Erinnerung an den Kampf – Corneliu Zelea Codreanu«, einer Huldigung an den Führer der faschistischen Eisernen Garde in Rumänien.  Das Begleitbuch enthielt Texte von Martin Schwarz, aber auch von Julius Evola und Ernst Jünger. Unter anderem erschienen bis dato unveröffentlichte Briefe Jüngers an Codreanu. Beteiligt waren zahlreiche Bands, darunter bekannte rechte wie Allerseelen, Kirlian Camera und Camerata Mediolanense. Angekündigt wurde die Doppel-CD als »[o]fficial release of the commandants and generals of the Iron Guard«. [1]

Die politischen Bezüge der Band zu faschistischen Inhalten sind damit jedoch noch nicht erschöpft. Im Song »Elektricity« vertont sie ein Gedicht des Ariosophen Jörg Lanz von Liebenfels (1874-1954). Dieser verband in seinen Werken die Theosophie mit einer geschichtlich-göttlich abgeleiteten Vorherrschaft der ›Arier‹. Der Historiker Nicholas Gooderick-Clarke schrieb dazu: »Ihre Schriften beschrieben ein vorgeschichtliches, Goldenes Zeitalter, in dem weise, gnostische Priesterschaften okult-rassistische Lehren verkündeten und über eine überlegene, rassisch reine Gesellschaft herrschten. Sie behaupteten, daß eine üble Verschwörung antideutscher Interessen […] es sich zum Ziel gemacht hatte, diese ideale Welt der Germanen zu vernichten, in dem sie ihnen Nicht-Germanen im Namen eines Pseudo-Egalitarismus gleichstellten.« [2] Anklag fanden diese mystischen Weisheiten bei Heinrich Himmler, Reichsführer der SS, der damit deren spirtituellen Führungsanspruch untermauern wollte.

Dass diese Bezüge nicht zufällig sind, sondern Ergebnis einer politischen Überzeugung, zeigt sich insbesondere bei Blood Axis-Frontmann Michael Moynihan. Neben seinem musikalischen Schaffen ist er als Autor zahlreicher rechter heidnischer, satanischer und neonazistischer Magazine bekannt und tritt immer wieder als Verleger und Herausgeber auf.

Unter dem Titel »Siege« gibt er die Schriften des US-amerikanischen Neonazis James Mason heraus. Er veröffentlichte 2001 die okkulten Schriften des SS-Brigadeführers Karl Maria Wiliguts unter dem Titel »The secret King: Karl Maria Wiligut, Himmler’s Lord of the Runes«, außerdem publizierte er englische Übersetzungen von Werken Julius Evolas. In der von ihm herausgegeben Zeitschrift Tyr schreibt der Vordenker der französischen Neuen Rechten Alain de Benoist.

Seine politische Haltung versucht Moynihan auch mit seinem Bandprojekt umzusetzen. In einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung erklärt der Soziologe und Szene-Kenner Martin Langebach das Vorgehen: »In der Neuen Rechten existiert das Konzept der Metapolitik als Überbau konkreter politischer Ziele. Moynihan versucht, metapolitische Vorstellungen über Musik zu vermitteln und attraktiv zu machen. Als Kunstform soll Blood Axis einen Geist erwecken, der auf Basis völkischer und faschistischer respektive nationalsozialistischer Denker die Zukunft gestaltet.«[3] 

Dresden: Zentrum des rechten Dark Waves

Das geplante Konzert mit Blood Axis ist nur der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Shows mit rechten Neofolk- oder Dark-Wave-Bands in der Reithalle in Dresden. Erst im Dezember 2012 gastierte die rechte Neofolk-Band Death in June im Rahmen des »Runes & Men«-Festival in der Dresdner Konzertlocation. Ihr Logo ist der SS-Totenkopf. Dennoch erklärten die Betreiber der Reithalle, sie hätten keine Bestätigung für eine rechte Verortung der Musiker finden können. Stattdessen behaupteten sie ohne jeden Beleg einen antifaschistischen Background der Bands. Dabei wurde Death in June mit Sonne Hagal und Of the Wand and the Moon von zwei weiteren Bands aus dem rechten Kern der Neofolk-Szene begleitet. Wie erwartet, zog das Festival auch Neonazis an. Der NPD-Landtagsabgeordnete Arne Schimmer warf sich mit einer kleinen Anfrage für das Festival in die Bresche. 2011 zählte er mit seinem NPD-Kameraden Thorsten Thomsen zu den Gästen der ersten Ausgabe des Festivals, bei dem ebenfalls Death in June auftraten. Organisiert hatte das Festival die Equinoxe Organziation.

Nur wenige Wochen zuvor, am 24. November 2012, führte Tower Promotions ein exklusives Deutschland-Konzert mit Boyd Rice/NON in der Reithalle Dresden durch. Boyd Rice ist einer der Pioniere des rechten Dark Wave. In seinen Shows greift er faschistische und nationalsozialistische Ästhetik bruchlos auf. Er vertritt vehement faschistische, sozialdarwinistische und esoterische Überzeugungen und macht aus seiner Bewunderung für Adolf Hitler und den Nationalsozialismus keinen Hehl. Auf seiner Homepage empfiehlt er Schriften von Alfred Rosenberg, Oswald Spengler und Julius Evola. Das Konzert wurde als Geheimkonzert organisiert, offenbar wollten Veranstalter sowie die Betreiber der Reithalle eine kritische Auseinandersetzung mit ihrem Act aus dem Weg gehen.

Dabei hat die fehlende Auseinandersetzung und Abgrenzung in Dresden bereits eine längere Tradition, sie kennzeichnete auch den Umgang mit dem Dresdner Label »Eis&Licht«. Dieses entwickelte sich in den 1990er bis zu seinem Ende im Jahr 2010 trotz offenkundiger rechter Positionierung zu einem der einflussreichsten Label im Neofolk und Dark Wave. Betrieben wurde es von Stephan Pockrandt, eine der ersten Veröffentlichungen war der oben genannte Sampler zu Ehren Julius Evolas. Das politische Programm, das Pockrandt verfolgte, war eng mit Ideen der Neuen Rechten verbunden. Es fand seinen Ausdruck auch im von ihm herausgegeben Fanzine Sigill, das später dann in Zinnober umbenannt wurde. Das Blatt verstand sich als Sprachrohr der »konservative Kulturavantgarde Europas«, wobei sich konservativ hier auf die Konservative Revolution in der Weimarer Zeit bezieht, sowie auf die italienischen und französischen Theoretiker des Faschismus. Es war nichts weniger als ein »Kulturmagazin einer modernisierten Rechten«, fasst der Autor Christian Dornbusch in einem Artikel zusammen.[4] Dennoch gab es keine Diskussion um eine Abgrenzung von diesen rechten Einflüssen. Das Anzeigengeschäft funktionierte reibungslos auch mit nicht-rechten Szene-Kunden, die Labelmacher konnten sich und ihre Ansichten ungehindert auf dem Wave-Gothic-Treffen in Leipzig präsentieren, hin und wieder wurden Konzerte im Großraum Dresden durchgeführt.

Equinoxe Organization, Tower Promotions und die Reithalle schicken sich nun an, den Platz, der mit dem Ende des Eis&Licht-Labels freigeworden ist, neu zu besetzen. Zwar verzichtet man bisher auf programmatische Verlautbarungen, doch die Auswahl der Bands spricht auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten eine deutliche Sprache. Die konspirative Vorgehensweise bei der Konzertorganisation legt nahe, dass sie sich um die politische Dimension ihrer Shows bewußt sind, jedoch eine kritische Auseinandersetzung vermeiden wollen. Im Namen von Kunstfreiheit wird die Verherrlichung von Nationalsozialismus und Faschismus billigend in Kauf genommen. Dabei erklärten die Betreiber der Reithalle ihr Haus stünde für Toleranz. Wir gehen davon aus, dass damit nicht Toleranz für Faschisten wie Blood Axis gemeint ist. Gleichzeitig wird aber deutlich, dass der simple Hinweis auf Toleranz unzureichend ist, er bedarf einer inhaltlichen Unterfütterung, sonst wird er beliebig. Auch der Rückzug auf ein angebliches Unpolitisch-Sein, funktioniert spätestens dann nicht mehr wenn Bands wie Blood Axis die Reithallen-Bühne zur Kundgabe faschistische Botschaften nutzen. Die Absage des bevorstehenden Konzerts kann daher nur der folgerichtige Schritt sein.

[1] zit. nach: Dornbusch, Christian / Raabe, Jan (Hg,): Rechtsrock. Bestandsaufnahme und Gegenstrategien. Münster. 2006.
[2] Goodrick-Clarke, Nicholas: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus. Graz / Stuttgart. 2000.
[3] Im Geist völkischer Denker, LVZ, 12.08.2011. Online dokumentiert:http://gamma.noblogs.org/archives/526
[4] Stirb und Werde, Jungle World, 12.04.2000. Online: http://jungle-world.com/artikel/2000/15/27977.html