»Nationalsozialistischer Untergrund« – Rechtsterror, Rassismus und die Rolle des Staates
07.06.2012, 20 Uhr – AZ Conni, Rudolf-Leonhard-Straße 39, 01097 Dresden
ReferentInnen des Apabiz e.V. Berlin
Im Frühjahr 2006 gingen rund zweitausend Menschen, fast ausschließlich türkisch-deutsche Familien und Angehörige der Opfer, in Kassel auf die Straße. Sie waren aufgeschreckt durch eine mysteriöse Mordserie, die von der lokalen Presse ebenso plakativ wie verachtend als »Döner-Morde« bezeichnet wurde. Unter dem Banner »Kein 10. Opfer!« gaben die Teilnehmenden kund, dass sie diese Serie tatsächlich als das empfanden, als was die Täter des »NSU« sie planten: als gezielte Exekutionen von Deutschen migrantischer Herkunft.
Jahrelang haben die staatlichen Behörden die Existenz der Neonazigruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) nicht aufgedeckt, sie teilweise sogar verschleiert. Der Rassismus der Taten und in der Arbeitsweise von Behörden gerät nur mühsam in den Blick. Dabei hätten wir alle eigentlich nur aufmerksamer hinschauen müssen, um der Wahrheit näher zu kommen.
Der Vortrag wird sowohl den historischen als auch den aktuellen politischen Kontext des „Rechtsterrorismus“ beleuchten, dessen inhaltliche Entwicklungslinien aufzeigen und versuchen, auf einige der vielen offenen Fragen rund um den Komplex „NSU“ Antworten zu geben. Die Rolle der Geheimdienste und anderer staatlicher Behörden sowie die Berichterstattung der Medien werden insbesondere Themen des Abends sein.
Die historische Entwicklung des Rechtsterrorismus in Deutschland
15.06.2012, 20 Uhr – Kosmotique, Martin-Luther-Straße 13, 01099 Dresden
Referent Prof. Dr. Fabian Virchow
Im November 2011 wurde die Mordserie des »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) publik. Seitdem ist rechter Terror in aller Munde. Übersehen wird dabei oftmals, dass neonazistische Attentate und Mordanschläge nicht erst seit Ende der 90er stattfinden, sondern dass hier eine Kontinuität seit Gründung der BRD besteht. Genauso kontinuierlich wie Neonazis mordeten, sprengten – kurzum terrorisierten – genauso kontinuierlich waren und sind verschiedene (Ermittlungs-) Behörden an der mangelhaften bzw. (Nicht-)aufklärung beteiligt.
Der Vortrag wird die Entwicklung des Rechtsterrorismus in Deutschland nachzeichnen, aufzeigen wie gesellschaftlich und politisch damit umgegangen wurde. Und er wird Parallelen ziehen zu den Terrorakten des NSU. Dabei wird auch eingegangen auf die Rolle sächsischer Behörden und Gegebenheiten, die mindestens ihr Quäntchen dazu beisteuerten, dass der NSU so lange unentdeckt blieb.
Der Referent Prof. Dr. Fabian Virchow promovierte über militärhistorische Konzepte der Extremen Rechten und ist ausgewiesener Experte für Neonazismus in Deutschland. Er unterrichtet Politikwissenschaften an der FH Düsseldorf und ist Leiter des dortigen Forschungsschwerpunktes Rechtsextremismus/Neonazismus.
Zudem ist er Sachverständiger im NSU-Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtag.