Dresden stellt sich quer

Der folgende Text erschien in gekürzter Form im Antifaschistischen Infoblatt #86. Ergänzt ist er in dieser Review-Ausgabe um einen Bericht zur Aktionswoche des „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“ sowie um eine Betrachtung der derzeit bundesweit stattfindenden Aktionen zum Thema „Alliierte Bombenangriffe“. Dem neuen sächsischen Versammlungsgesetz ist ein separater Text gewidmet.

Zum 65. Jahrestag der Bombardierung Dresdens gab es die größte Anti-Nazi-Mobilisierung der letzten Jahre. 12.000 Menschen beteiligten sich an den Massenblockaden der beiden Bündnisse „Dresden Nazifrei“ und „No Pasarán“ und verhinderten erstmalig den Großaufmarsch der JLO. Sie bauten dabei auf der Mobilisierung des letzten Jahres auf. Damals gelang es zwei antifaschistischen Bündnissen etwa 4.000 AntifaschistInnen nach Dresden zu mobilisieren. Das eher zivilgesellschaftliche Bündnis „GEH Denken“ etablierte den Begriff von „Europas größtem Naziaufmarsch am 13. Februar in Dresden“ spektrenübergreifend im politischen Bewusstsein.

Kurz vor 17 Uhr kam die entscheidende Durchsage: Die Demonstration der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) wird aus Sicherheitsgründen nicht mehr stattfinden. Die monatelangen Bemühungen der Bündnisse und das Engagement Tausender am 13. Februar hatten sich gelohnt. Viel eher als erwartet konnte Europas größter regelmäßiger Naziaufmarsch verhindert werden. Dabei sah es im Vorfeld nicht so optimistisch aus. Dresden wurde seiner traditionell verstockten Haltung gegenüber antifaschistischem Protest vollauf gerecht. Blockadeaufrufe wurden kriminalisiert, Hausdurchsuchungen fanden statt und ständig wurde vor „gewaltbereiten Linksextremisten“ gewarnt, deren erwartete Anzahl wie Hochwasserstandsanzeigen regelmäßigen Aktualisierungen unterworfen war.

Das stille Gedenken an die Bombenopfer wiederum wurde mit einer Menschenkette verknüpft, welche „die Dresdner Innenstadt, die am 13. Februar traditionell ein Ort des Erinnerns und Mahnens ist, wie ein symbolischer Wall umschließen und damit vor dem Eindringen Rechtsextremer schützen“ (1) sollte. Das von der 2009 gewählten CDU/FDP-Regierung im Eiltempo durchgebrachte sächsische Versammlungsgesetz schließlich, sollte den „Bürgerinnen und Bürgern, das (…) ermöglichen, was die überwiegende Mehrheit von Ihnen möchte: ein stilles und würdevolles Gedenken an die Zerstörung Dresdens am 13. Februar.“(2) Diesen Wunsch demonstrierten mehrere tausend Dresdnerinnen und Dresdner mit der Teilnahme an der Menschenkette. Sie folgten lieber dem Aufruf Orosz´ ein symbolisches Zeichen zu setzen, als dem von „Dresden Nazifrei“ und „No Pasarán“ den Naziaufmarsch zu blockieren. Damit scheint die Mobilisierung vor allem bundesweit erfolgreich gewesen zu sein, weniger in Dresden selbst.

No han pasado – sie kamen nicht durch!

An die 6.500 Nazis und damit etwas weniger als 2009 folgten dem Aufruf der JLO zum Trauermarsch und erreichten den Startpunkt. Wie zu erwarten, war ein Großteil dessen, was in der Szene Rang und Namen hat, nach Dresden gekommen. NPD-Prominenz der Bundes-, Landes- und Regionalebene war zugegen, genauso wie der ehemalige HDJ-Führer Sebastian Räbiger und auch die „neurechten Vordenker“ Ellen Kositza und Götz Kubitschek. Von Burschenschaftern, Kameradschaften, über „Russlanddeutsche in der NPD“, und „Autonome Nationalisten“ bis hin zu „ZeitzeugInnen“ reichte das braune Potpourrie. Nur Christian Worch, der Hamburger Nazi-Kader hatte es vorgezogen daheim zu bleiben.

Erwartet wurden auch mehrere hundert TeilnehmerInnen aus dem Ausland, die aber nur teilweise Dresden erreichten. Allein aus Tschechien und der Slowakei hatten sich bis zu 400 Neonazis angekündigt, schlussendlich waren es etwa die Hälfte. Noch vor dem Grenzübertritt nach Sachsen, wurden sie von tschechischen Polizisten aufgehalten und ihre Transparente, Fahnen und Megafohne beschlagnahmt. Nach Außen konnten sie somit nicht mehr als „Tschechische/Slowakische Neonazis“ wahrgenommen werden. Aus vielen weiteren Ländern waren kleine Delegationen angereist, so aus Schweden, Norwegen, Frankreich, Italien, Österreich, Griechenland und Spanien. Belgische und niederländische Neonazis befanden sich unter denen, die im Anschluss in Pirna randalierten. Etwa 400 Nazis zogen durch die Innenstadt, zerstörten die Scheiben des dortigen SPD-Wahlkreisbüro und schlugen einen Passanten nieder. Der Stolpener NPD-Stadtrat Martin Schaffrath und Marco Schitzkat aus dem damaligen Umfeld der verbotenen Skinhead Sächsische Schweiz (SSS) wurden vorläufig festgenommen.

Durch die Massenblockaden wurde die Anreise der Nazis massiv behindert und bis 12 Uhr hatten nur knapp 1.000 den Auftaktkundgebungsplatz am Bahnhof Neustadt erreicht. Auch das massenhafte militante Agieren von autonomen AntifaschistInnen in den Seitenstraßen der Blockaden machte die An- und Abreise der Neonazis zum Problem. Es ließ die Situation zunehmend unkontrollierbarer werden und trug somit zur Entscheidung den offiziellen Aufmarsch nicht laufen zu lassen bei. Die Organisatoren der JLO waren unfähig, auf die im Gegensatz zu den letzten Jahren veränderte Situation zu reagieren und etliche PKWs und Reisebusse landeten mitten unter den antifaschistisch Aktiven. In dieses organisatorische Vakuum stießen altbewährte Strukturen von NPD und Kameradschaftsszene. Angeleitet von Thomas Wulff und Manfred Börm sammelten sich gegen 12 Uhr innerhalb einer halben Stunde mehr als tausend Nazis kurz hinter der Autobahnabfahrt Wilder Mann in Dresden und setzten eine Demonstration durch. Diese führte sie über 4,5 km die Großenhainer und Maxim-Gorki-Straße entlang, durch die Hechtstraße bis zum Bahnhof Neustadt. Die Anzahl der Nazis wuchs während dessen durch ständig weiter ankommende Reisebusse am Wilden Mann auf zwischen 3.000 und 4.000 an. Aus dem Demonstrationszug heraus, der teilweise in Blöcken, mit Transparenten und Ordnerstruktur lief, griffen immer wieder größere Nazigruppen GegendemonstrantInnen an. Wie im letzten Jahr begleitete die Polizei den ca. 1 km langen Zug lediglich am Anfang und am Ende und verzichtete auf jede Form von Spalier. Die Sammlung der Nazis an einem Ort, dem Bahnhof Neustadt, war für sie von zentraler Bedeutung, dafür räumte die Polizei die Blockade am Bischofsplatz.

Auf dem Heidefriedhof

Wenige Stunden zuvor, um 11 Uhr, fand auf dem Dresdner Heidefriedhof die offizielle Gedenkveranstaltung mit Kranzniederlegung statt. Die Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern jenseits von Offiziellen und Delegationen der Parteien hatte im Vergleich zu den Vorjahren weiter abgenommen, so dass die ca. 100 teilnehmenden Nazis, unter ihnen auffällig wenige der NPD-Landtagsfraktion dafür aber etwa 60 jüngere Nazis in Marschformation, etwa die Hälfte der Anwesenden an dieser Veranstaltung stellten.

Auch in diesem Jahr hielt Oberbürgermeisterin Orosz eine Rede um sich von den anwesenden Nazis abzugrenzen. Denn, so Orosz: „Wer, wie diese Nazi-Typen, die an diesem Tag unser Dresden belästigen, Tote mit Toten, Verlust mit Verlust, Leid mit Leid aufrechnet, der will nichts verstehen, der schändet die Opfer, der verhöhnt ihr Vermächtnis. Gleich, ob sie nun jung und dumpf oder alt und starrsinnig sind, diese Ewiggestrigen wollen wir hier nicht sehen, nicht an dieser Stätte stiller Trauer, nicht in unserem wieder erstandenen Dresden. Das werden wir dieser Horde Rechtsextremer heute und immer wieder unmissverständlich klar machen.“ Klar gemacht werden sollte dies durch die wuchtige Menschenkette in der Dresdner Innenstadt, weit entfernt von der ewiggestrigen „Horde“. Und wie klar die Sache für Orosz selbst und für Abgeordnete aller demokratischen Fraktionen in Stadtrat und Landtag ist, die jedweder Kritik zum Trotz alle Jahre wieder zu diesem Stell-dich-ein am Stelenkreis, der Dresden mit Auschwitz gleichsetzt, antreten, wird im Verlauf der gesamten Rede deutlich. Die Totenzahl wird trotz genau bekannter Daten unbestimmt gelassen („zehntausendfach ihr Leben verloren“), der „Untergang“ der „wunderbaren Stadt“ wird betrauert, als ob Dresden einfach nur wunderbar und eben nicht nationalsozialistischer Alltag war. Im Gedenken an „alle Opfer dieses verdammten Krieges“ werden die deutschen Bombentoten zu ebenso unschuldigen Opfern wie jene, die dem deutschen Vernichtungswahn zum Opfer fielen. Diese Einebnung von geschichtlich elementaren Unterschieden relativiert den deutschen Vernichtungskrieg und die Shoah und ist ein Hohn für die Opfer.

Die Rede der Oberbürgermeisterin ist seit 2009 Bestandteil des Programms der Gedenkveranstaltung auf dem Heidefriedhof. Mit dieser Änderung des Protokolls reagierte die Stadt Dresden nach langjährigen Diskussionen auf die ab 2005 offizielle Teilnahme der NPD-Stadtrats- und Landtagsabgeordneten und die zunehmende Präsenz deren Anhangs. Komisch kam man sich offenbar schon vor gemeinsam mit Nazis den Dresdner Bombentoten zu gedenken, zum Handeln oder gar Überdenken des ganzen Spektakels bereit war und ist jedoch niemand. Erst als im Jahr 2008 die Jüdische Gemeinde ihre Teilnahme bereits im Vorfeld in Frage stellte, begannen die Debatten, Konsequenzen indes blieben aus. Während die Jüdische Gemeinde erstmalig der Veranstaltung fern blieb und erst am Nachmittag zu einer Kranzniederlegung lud, nahmen die Vertreter_innen der demokratischen Fraktionen an der offiziellen Runde teil. Auch jene Teile der Linken, der SPD, der Grünen oder der Gewerkschaften, welche im Vorfeld ihre Unterstützung zusagten, konnten sich größtenteils nur zu einer Doppelteilnahme durchringen – 11 Uhr brav zum stillen Gedenken mit den Nazis und am Nachmittag noch einmal zur Unterstützung der Jüdischen Gemeinde. Der durch das Fernbleiben der Jüdischen Gemeinde entstandene Druck auf die Dresdner Stadtspitze reichte jedoch aus, um zumindest die Verabschiedung vom stillen Gedenken und eine öffentliche Positionierung der Stadt in Form einer Rede zu erwirken.

Die von den Parteien demonstrierte konsequente Doppelstrategie war auch in diesem Jahr zu beobachten: warum zwischen offensivem Blockadekonzept und symbolischer Menschenkette entscheiden, wenn man sich mit der Unterstützung beider Konzepte gegenüber jeder Kritik absichern kann. Ohne eindeutige Positionierung lässt sich doch nur gewinnen. Und so halten diese Dresdner Parteien, Orgas und Inis zunächst Händchen um die Stadt von „Extremisten“ frei zu halten, um dann gemeinsam mit eben diesen auf der anderen Seite zu blockieren.

Sichtbare Grenzen

Obwohl in diesem Jahr einige Aufrufe zu den Gegenprotesten, auch aus dem Blockadebündnis, auf unterschiedlichste Weise das Gedenken in Dresden problematisierten, spielte dies in der öffentlichen Auseinandersetzung keine Rolle. Allein um die Wahl der Mittel – massenweise ziviler Ungehorsam oder Menschenkette – entzündete sich der Disput, die am Gedenken geäußerte Kritik wurde ignoriert. Dies setzt sich auch nach dem 13. Februar fort. Die Oberbürgermeisterin verharrte zunächst auf der Position „allein `die Wucht´ der Menschenkette hätte ausgereicht“ (5) den Naziaufmarsch zu stoppen und wollte von Blockaden nichts wissen. Durch politischen Druck konnte sie sich inzwischen durchringen anzuerkennen, dass dies nur möglich war, „weil sich an vielen Orten Dresdens couragierte Menschen dem Aufmarsch der Rechtsextremen entgegen gestellt haben.“ (6) Und weiter: „Wir haben am 13. Februar 2010 ein neues Kapitel im Kampf gegen die Instrumentalisierung unseres Gedenktages und im Kampf gegen Rechts aufgeschlagen.“ Damit ist das Problem beschrieben, dem sich eine radikale Linke, die auf eine reine Anti-Nazi-Mobilisierung nach Dresden baut, aussetzt. Sie wird in die Verteidigung des Dresdner Gedenkens gegen den Missbrauch durch die Nazis integriert.

Grenzen von Blockaden

Dresden macht aber auch die Grenzen des Konzeptes der Massenblockaden sichtbar. Anders als bspw. ein paar hundert Nazis in Köln, lassen sich Tausende, die nach Dresden kommen, um unbedingt zu marschieren nicht einfach irgendwo von der Staatsmacht festsetzen. Zwischen 3.000 und 4.000 Nazis führten eine mehrere Kilometer lange Demonstration von der Autobahnabfahrt zum Bahnhof Neustadt durch. Dass dieser, außerhalb von Dresden seinesgleichen suchende Aufmarsch, auch in den zahlreichen Antifa-Berichten fast nicht mehr auftaucht, verdeutlicht eine diskussionswürdige Verschiebung der Relationen.

Dabei schmälert eine Erwähnung den politischen Erfolg der Massenblockaden keineswegs. Sie ist aber eine Voraussetzung für eine Diskussion zur Weiterentwicklung des Konzeptes Massenblockade. Das „Nebenprodukt“ spontaner Großaufmarsch mit mehreren tausend Nazis und Szenen, wie sie sich während des Marsches in Dresden abspielten, in denen sich hunderte AntifaschistInnen und hunderte Nazis direkt gegenüberstehen – unter Abwesenheit der Staatsmacht – sollten mit bedacht werden. Diesen Problemen muss sich eine Antifa zusätzlich neben der möglichen Integration ins Gedenken stellen.

Was bleibt?

Was bleibt, ist der große Erfolg, den Naziaufmarsch in seiner geplanten Form verhindert zu haben. Dass das gerade bei diesem traditionellen „Trauermarsch“ in Dresden nicht ohne Konsequenzen an den Nazis vorbei geht, ist klar und zeigte sich in mehr oder weniger ausgeprägten Diskussionen in den üblichen Webportalen. Diskutiert wurden Fehler der Veranstaltenden, das Vorgehen der Polizei und vor allem natürlich Lösungskonzepte für das kommende Jahr, beispielsweise in Form eines Sternmarsches.

Was bleibt sind aber auch Fragen. Zum einen ganz praktische Fragen, nach der Weiterentwicklung des Blockadekonzeptes, insofern als es in der Lage sein muss auf spontane Aufmärsche an anderer Stelle reagieren zu können. Zum anderen inhaltliche Fragen, nach den Möglichkeiten, als radikale Linke eine fundierte Kritik am Gedenken in Dresden innerhalb eines breiten Antinazibündnisses, wie „Dresden Nazifrei“ zu thematisieren, anstatt sich in die Riege der Verteidiger des wahrhaftigen Gedenkens an deutsche „Opfer“ ziehen zu lassen. Diese Debatte ist vor dem Hintergrund der bereits angesprochenen Doppelstrategie von Parteien, Vereinen und Inis und der Tatsache, dass nicht nur „Dresden Nazifrei“ angekündigt hat 2011 weiterzumachen, sondern auch die Stadt Dresden eine Neuauflage der Menschenkette plant, besonders relevant.

Aber nicht nur Dresden sieht sich vor offenen Fragen gestellt. Auch andere Städte sahen sich in diesem Jahr bereits mit zumeist kleinen Aufmärschen konfrontiert. Das Thema Bombardierung deutscher Städte ist derzeit eines der Zugpferde der bundesdeutschen Naziszene. In Anbetracht der Menge dieser thematischen Nazidemos und der in einigen Städten, wie Magdeburg, kontinuierlich zunehmenden TeilnehmerInnenzahlen, lässt sich durchaus eine Parallele zu der Kampagne gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ Ende der 90er Jahre ziehen. In jede Stadt, in die die Ausstellung kam, kamen auch mehrere hundert Nazis um dagegen zu demonstrieren. Ein anderes Thema war zu dieser Zeit kaum präsent. Seit einem Jahr sind es die Jahrestage der Bombardierungen, die das Themenspektrum für Naziaufmärsche dominieren. Unschöner Nebeneffekt ist dabei die (Wieder)entdeckung des Gedenkens in der jeweiligen Stadt. Denn offenbar fällt den Stadtspitzen, Parteien und BürgerInnen überall das selbe Rezept ein: Gedenken gegen Nazis. So bestand der bürgerliche Protest in Freiberg bereits 2009, in Chemnitz und Frankfurt a. M. in Friedensgebeten, Glockenläuten und Lichteln gegen den Missbrauch des Gedenkens durch die Nazis.

Aktionswoche

Auch in diesem Jahr organisierten die Dresdner Nazis eine Aktionswoche zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens. Mit unterschiedlichen aktionistischen Mitteln versuchen sie damit auf ihre revisionistische Sichtweise, in der die damalige Dresdner Bevölkerung zum Opfer eines „alliierten Bombenholocaust“ wird, aufmerksam zu machen. Als Veranstalter tritt seit 2007 das „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“ auf, eine Naziintiative aus dem „parteifreien“ Spektrum, die maßgeblich durch Ronny Thomas und seinen Zögling Maik Müller getragen wird. Sie bündelten Veranstaltungen, die bereits zuvor um den 13. Februar herum stattfanden, ergänzten sie um ein paar Agitprop-Aktionen und nannten das Ergebnis Aktionswoche. Seitdem hat sich ihr grundlegender Ablauf nur unwesentlich verändert.

Diesmal begannen die Nazis mit einer unangemeldeten Kundgebung auf dem Altmarkt. Mit Transparenten und – der fünften Jahreszeit ganz angemessen – in Gerippe-Kostümen versammelten sie sich neben einer Gedenktafel zur Erinnerung an die dort verbrannten Bombentoten. Während die Organisatoren im Nachhinein lobten, dass sich „vor allem die älteren Menschen (…) für das Treiben im Herzen der Stadt (gemeint ist die Kundgebung, Anm. d. ART) interessieren“ (1) schrieb die ebenfalls anwesende Edda Schmidt, Vorsitzende der NPD-Frauenorganisation Ring Nationaler Frauen (RNF) eher gegensätzliches: „Erschütternd waren die Teilnahmslosigkeit und das Desinteresse der meisten Menschen, die wir ansprachen.“ (2) Es dürfte die realistischere Beschreibung sein. In den Folgetagen verteilten die Dresdner Nazis Flyer an der angemeldeten Route des Großaufmarschs, führten auf dem Neumarkt eine weitere unangemeldete Kundgebung durch und ließen „1000 Lichter für Dresden“ auf der Elbe schwimmen. Das allerdings funktionierte kaum bis überhaupt nicht, sorgte doch die Strömung dafür, dass der Großteil der Kerzen gänzlich unbeeindruckend am Johannstädter Elbufer herumdümpelte. Am Abend des 12.02.2010 gab es noch eine ZeitzeugInnen-Veranstaltung im „Steinhaus“ in Dresden-Pieschen, die in Kooperation mit der NPD organisiert wurde. Etwa 100 Nazis sollen daran teilgenommen haben. Abgeschlossen wurde die Aktionswoche, wie schon im vergangenen Jahr, mit einer Kranzniederlegung am Sonntag auf dem Dresdner Nordfriedhof am Rande der Dresdner Heide.

Weiterhin rief das Aktionsbündnis bundesweit zur Beteiligung an der Aktionswoche auf. Mit verschiedenen Aktionen in unterschiedlichen Städten und Regionen sollte auf den bevorstehenden Großaufmarsch und den Jahrestag der Bombardierung Dresdens hingewiesen werden. Die Resonanz auf den Aufruf blieb mit etwa 30 Aktionen auf Vorjahresniveau. Die Außenwahrnehmung dieser Aktionen ist jedoch nur gering, denn im Wesentlichen handelt es sich dabei um organisatorisch wenig anspruchsvolle Klein- und Kleinstaktionen wie etwa das Aufhängen einzelner Transparente, das Sprühen von Parolen oder das Verkleben von Plakaten und Aufklebern. Erst durch die darauf folgenden Internetberichte werden diese Aktivitäten überhaupt zu wahrnehmbaren Aktionen und erzielen eine größere Außenwahrnehmung. Mit einer Reihe solcher Aktionen taten sich in diesem Jahr vor allem Nazis aus Jena und Erfurt hervor.