„Einkaufen können wir ihnen nicht verbieten“

Am 6. Oktober lud die Bürgerinitiative „Pieschen gegen Rechts“ zu einer Protestveranstaltung gegen das im Mai eröffnete Bürgerbüro des NPD-Landtagsabgeordneten René Despang ein. Neben zahlreichen Initiativen, Parteien und BürgerInnen, fanden sich auch etwa 10-15 Nazis ein, um einer angeblichen „Diffamierung nationaler Politik“ entgegenzutreten.

Der mehrfach vorbestrafte Nazischläger Sven Hagendorf spielte die Vorhut und tauchte als Erster auf dem BürgerInnenfrühstück auf. Nach seinem telefonischen „Lagebericht“ dauerte es nicht lange und eine Gruppe um den NPD-Kreisvorsitzenden Jens Baur versuchte ebenfalls auf das Festgelände zu gelangen. Mit dabei waren u.a. Paul Lindner, Mitglied des Kreisvorstandes, und eine Reihe weiterer von ähnlichen Aktionen bekannte Nazis, so auch der ehemalige Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes [1], welcher sich als Fotograf betätigte.

Während sich die anwesenden BürgerInnen eine solche Provokation nicht gefallen ließen und die ankommende Nazigruppe um Jens Baur aufhielten, meinte die hinzugerufene Polizei ihre ganz eigene Sicht auf diese Störung durchsetzen zu müssen. Anstatt die in ähnlichen Situationen üblichen Platzverweise auszusprechen, ergriffen die PolizistInnen für die NPD-Anhänger Partei und betonten, dass sie den Nazis den Spaziergang über die Veranstaltung nicht verbieten könnten. Hervor hoben sich dabei die beiden Pieschener Bürgerpolizisten: sie zeigten „Bürgernähe“ und gaben den Nazis hilfreiche Tipps, welcher Besuch welches Geschäftes sich empfiehlt damit diese ihre Anwesenheit auf der Protestveranstaltung erklären können. Dass die Nazis zum Teil wie angewurzelt auf der Stelle standen und die umliegenden Geschäfte pünktlich um 12 Uhr mittags geschlossen hatten, spielte dabei keine große Rolle. Ebenso wenig, dass es im Vorfeld der Veranstaltung ein Kooperationsgespräch mit der Polizei gab, auf dem den VeranstalterInnen zugesichert wurde, dass Nazis keinen Zutritt zum Veranstaltungsgelände erhalten werden. Dazu war von den anwesenden PolizistInnen zu hören, dass das Gespräch nicht mit ihnen persönlich geführt wurde und damit hinfällig sei. Das ist insofern erstaunlich, als dass das Polizeirevier Pieschen offenbar nicht mehr als institutioneller Akteur betrachtet werden kann, sondern nur noch als Ansammlung einzelner PolizistInnen, die nach eigenem Gutdünken handeln. Solcherlei Auflösungstendenzen von Herrschaftsstrukturen sind in hiesigen Gefilden doch eine eher ungewohnte Erscheinung.

Nachdem einige Nazis aufgrund des einladenden Verhaltens der „Ordnungsmacht“ auf das Festgelände schleichen konnten, sahen sich die anwesenden BürgerInnen gezwungen, diese selbstständig zurückzudrängen. Die Polizei griff hierbei erst ein als es zu einem stärkeren Gerangel um den gewohnt aggressiven Sven Hagendorf kam. Ihrer Tageslinie treu bleibend, ignorierten sie allerdings dessen Handgreiflichkeiten, schließlich habe, so die den Einsatz leitende Polizistin, dass „niemand von ihnen gesehen“ und so stand er anschließend erneut auf das Bürgerfest – diesmal allerdings mit persönlichem Schutz.

[1] Siehe Reviews von Januar 2007 und Mai/Juni 2007