Urteile für Nazis

Es war „eine kaltblütige Tat rechter Schläger“, gab Richterin Keeve am Amtsgericht in Dresden in ihrer Urteilsbegründung zu verstehen. Gemeint war der Angriff auf einen Mitarbeiter des Kulturbüro Sachsen (KBS) Anfang März diesen Jahres. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten Marco Eißler, Christian Leister, Kay Nowotny und Axel Rietzschel nach der Urteilsverkündung gegen Willy Kunze vor dem Landgericht Dresden dem Betroffenen folgten und ihn am hellerlichten Tag auf offener Straße brutal zusammenschlugen und -traten. Besonders hervor taten sich dabei Nowotny und Leister. Rietzschel dem kein konkreter Tatbeitrag nachgewiesen werden konnte, wurde wegen Beihilfe verurteilt. Eißlers Tatbeitrag war zwar gering, aber er habe weder eingegriffen, noch sei er weggegangen. Im Gegenteil: Er habe daneben gestanden und die Tat unterstützt. Er war es zudem gewesen, der überhaupt auf die Idee gekommen war, dem Fotografen des KBS zu folgen und anzusprechen. Das Gericht sah in ihm auch deshalb eine Art Anstifter.

Doch nicht nur diese Tat wurde den Angeklagten vorgeworfen. Auch am 21. Juni 2008, als ein tschechischer Journalist am Rande einer Nazi-Spontandemonstration anlässlich des verbotenen JN Sachsentages angegriffen wurde, sollen Eißler und Leister beteiligt gewesen sein. Im Laufe des Prozess konnten sowohl Zeugenaussagen, als auch zahlreiche Bild-und Videoaufnahmen nachweisen, dass Eißler den bereits am Boden liegenden Journalisten schlug und Leister ihm – als er wieder stand – die Kamera aus den Händen trat. Dass es der Muay-Thai-Kämpfer Leister vor allem mit formvollendeten Kicks hat, stellte auch die Richterin in ihrer Begründung fest. Denn auch im dritten verhandelten Tatkomplex, ging es um diese Leidenschaft Leisters. Am 25. Juni 2008, nachdem bereits eine Horde von Dresdner Nazihooligans mehrere Dönergeschäfte in der Dresdner Neustadt angegriffen hatten, fühlte er sich am Albertplatz von einer Person offenbar so genervt, weil diese immer wieder auf die Geschehnisse hinwies, dass er dieser einen Sprungkick auf die Brust verpasste.

Die vom Gericht verhängten Strafen für diese drei Gewalttaten waren ein deutliches Signal und die Urteilsbegründung zeigte zudem, dass die den Taten zugrunde liegenden Einstellungen – Hass auf politisch Andersdenkende – erkannt und im Urteil berücksichtigt wurden. Christian Leister wurde für zwei gefährliche Körperverletzungen, einmal mit Sachbeschädigung (25.06.08 und 09.03.09) und eine versuchte Körperverletzung (21.06.08) zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt. Diese musste aufgrund der besonderen Kriterien des Jugendstrafrechts zur Bewährung ausgesetzt werden. Ebenso bei Kay Nowotny, der für die gefährliche Körperverletzung eine Jugendstrafe von 1 Jahr auf Bewährung kassierte. Marco Eißler und Axel Rietzschel sind nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt worden. Eißler erhielt 1 Jahr und 2 Monate für zwei gefährliche Körperverletzungen. Rietzschel wurde für die Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu 9 Monaten Haft verurteilt. Strafverschärfend kam bei ihm hinzu, dass er zum Tatzeitpunkt unter Bewährung stand. Im April 2008 war u.a. wegen mehrfacher Körperverletzung im Zusammenhang mit der Dynamofan-Gruppierung „Assi-Pöbel“ zu 6 Monaten verurteilt worden.

Die Haftbefehle gegen Rietzschel, Eißler und Leister wurden nach fünf Monaten U-Haft aufgehoben. Das Verfahren wird vor dem Landgericht erneut verhandelt werden. Sowohl die Täter als auch die Staatsanwaltschaft legten gegen das Urteil Rechtsmittel ein.