Nach Distanzierung: Dynamo-Spieler bei Event mit Neonazi-Kämpfern

Ende September 2025, einen Tag nach der 0:2 Auswärtsniederlage in Darmstadt, besuchten drei Spieler von Dynamo Dresden die „German Cage Night“ in Greiz – eine Kampfsportveranstaltung, bei der die Dichte an Kämpfern mit neonazistischem Hintergrund beachtlich war. Besonders brisant: Die Profis posierten dort mit Personen aus genau jenem Fitnessstudio, von dem sich der Verein und Kapitän Stefan Kutschke erst im Februar öffentlichkeitswirksam distanziert hatten. Ein Blick auf ein Event, das exemplarisch für die Verschränkung von Kampfsport und Neonazi-Milieu in Ostdeutschland steht.

Am 27. September 2025 fand in Greiz die „German Cage Night“ statt. Offiziell waren 18 Kämpfer in neun Paarungen angekündigt, verteilt auf die Disziplinen Bare Knuckle, Boxen, K1 und MMA. Tatsächlich traten jedoch mehr Kämpfer an als vorab kommuniziert. Bare Knuckle – Faustkampf ohne Handschuhe – erfreut sich derzeit zunehmender Popularität, ist aber wegen der extremen Verletzungsgefahr hochumstritten.

Die Dynamo Spieler Stefan Kuttschke, Tony Menzel und Jonas Oehmichen zusammen mit Kevin Enz vom „Home of Sports Elbflorenz“. Quelle: Instagram

Unter den Besuchern: Stefan Kutschke, Tony Menzel und Jonas Oehmichen von Dynamo Dresden. Die drei Profis machten ein Selfie mit Kevin Enz, Kurstrainer und Profi-Kampfsportler vom „Home of Sports Elbflorenz“ und dem dazugehörigen Boxverein „Boxklub Dresden e.V.“. Das Foto wurde auch vom Veranstalter geteilt – und verlinkte dabei das Fitnessstudio. Jenem Fitnessstudio in Dresden, von dem sich Dynamo Dresden und Stefan Kutschke im Februar öffentlich distanziert hatten,  nachdem Verbindungen in die Neonaziszene öffentlich wurden. Für das „Home of Sports Elbflorenz“ kämpften in Greiz zwei Personen – die Verbindung zwischen dem Studio und der Veranstaltung war also keineswegs zu übersehen.

Dennis Rohner (rechts) mit seiner „Ersatzfamilie“. In der Mitte mit „Love Dynamo – Hate Antifa“ Shirt Max Zaunick und rechts daneben Felix Zieba (beide SV Post Germania Bautzen). Links daneben in schwarzen „1953 National“ Shirt: Paul Oehme. Quelle: Facebook

Dennis Rohner, einer der Gesellschafter und Studioleiter des „Home of Sports Elbflorenz“, war ebenfalls als Kämpfer dabei – allerdings ohne vorherige öffentliche Ankündigung. Rohner, der im Fitnessstudio für das Training von Kindern und Jugendlichen verantwortlich zeichnet, wurde mittlerweile wegen besonders schwerem Landfriedensbruchs beim Dynamo-Aufstieg 2021 und einer Körperverletzung im Club Gisela im Jahr 2023 zu zwei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Vor Gericht gab Rohner sich geläutert: 

„Im Sommer 2023 kam der Randalierer kurz in U-Haft. ‚Dort hatte ich Zeit, nachzudenken‘, sagte Dennis. ‚Mein bisheriges Leben zu reflektieren und einiges zu ändern.‘ So sei er in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen, fand im Fußballumfeld eine ‚Ersatzfamilie‘ und leider die falschen Freunde“.

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Dennis Rohner mit gut sichtbarer Tätowierung „Glaube – Wille – Tat“. Quelle: Instagram

Vor Gericht gab sich Rohner geläutert – für jemanden, der sich als Trainer und Kampfsportler etablieren will, wäre eine Haftstrafe schließlich ein schwerer Rückschlag für diese Ambitionen. Seine politische Verortung spielte im Prozess keine Rolle. Seine Tätowierung auf dem Oberkörper – „Glaube – Wille – Tat“ – spricht jedoch Bände. Der Slogan ist dem NS-Hardcore-Spektrum zuzuordnen und wird prominent vom Label „Leveler Records“ genutzt. Kopf des Labels ist Frank Haack, der in einschlägigen Bands wie Terrorsphära, Endless Struggle, Überzeugungstäter oder Übermensch aktiv ist. Es bestehen Verbindungen zu Sebastian Raack von OPOS-Records und Greifvogel Wear. Eine Marke in der sich Rohner ebenfalls zeigte.

Dennis Rohner mit Greifvogel Wear Shirt. Quelle: Instagram

Die Liste der Kämpfer mit neonazistischem Hintergrund ist lang: Oskar Faust aus Leipzig wurde am 25. September kurzfristig als Ersatzkämpfer für einen verletzten Athleten benannt, trat dann aber letztendlich doch nicht an, da sein Gegner absagte. Faust, der im Dezember 2024 an einer Nazidemo in Magdeburg teilnahm, war dennoch vor Ort. Periskop berichtete bereits über seine Auftritte bei „Ringlife Talents“. Lucas Sauer aus Schweinfurt ist beim „Dritten Weg“ aktiv und bei rechten Demonstrationen regelmäßig gesehen. Leon Buchholz aus Chemnitz demonstrierte am 18. Januar mit den Freien Sachsen. Torben Pfotenhauer aus Eisenach, Ian Wittmann aus Frohburg und Pascal Roeß demonstrierten 2024 gemeinsam mit Nazis gegen CSDs. Tim Seifert aus Zwickau trainiert bei der „Sportgruppe Zwickau“ unter Steffen Reitberger, einem bekannten Neonazi, der 2018 beim „Kampf der Nibelungen“ in Ostritz kämpfte. Reitberger war in Greiz ebenfalls anwesend.

Ian Wittmann (rechts) und David Köckert bei der „German Cage Night“ in Greiz. Quelle: Instagram

Die hohe Dichte an Kämpfern mit neonazistischem Hintergrund ist für Kampfsportveranstaltungen in Ostdeutschland zwar wenig überraschend, aber dennoch bemerkenswert. Solche Events dienen nicht nur der sportlichen Betätigung, sondern auch der Vernetzung und Normalisierung extrem rechter Strukturen. Dass drei Spieler von Dynamo Dresden sich in diesem Umfeld bewegen, dort Fotos machen und diese auch noch geteilt werden, trägt zur Normalisierung dieser Veranstaltungen und der dort aktiven Neonazi-Kämpfer bei – ob beabsichtigt oder nicht.

Die öffentliche Distanzierung von Stefan Kutschke und Dynamo Dresden vom „Home of Sports Elbflorenz“ entpuppt sich damit als das, was sie vermutlich von Anfang an war: reine PR-Maßnahme. Kutschkes Rolle als Gesellschafter des Fitnessstudios ist seit Ende Januar unverändert. Seine Präsenz in Greiz, das gemeinsame Foto mit Personen aus genau diesem Umfeld und die offensichtliche Verbindung zur Veranstaltung – all das spricht eine deutliche Sprache. Der Verein mag sich öffentlich von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus distanzieren, doch sein Kapitän pflegt offenbar weiterhin Kontakte in ein Milieu, in dem Neonazis nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind. Für den Verein, der sportlich in der Zweiten Liga angekommen ist und in wenigen Tagen beim Heimspiel gegen Paderborn, wie jährlich im Oktober üblich, mit dem Spruch „Love Dynamo – Hate Racism“ auf der Brust auflaufen wird, dürfte der Widerspruch zwischen Symbolpolitik und gelebter Praxis kaum größer sein.