Fauxpas mit Regelmäßigkeit

Beim Aufschlagen der Sächsischen Zeitung vom 14. Februar 2008 rieben sich einige verwundert die Augen. Von den beiden Stadtratsabgeordneten des Nationalen Bündnis Dresden, Wolfgang Schwarz und Brigitte Lauterbach, die am Vortag in der online-Galerie der gleichen Zeitung als Dresdner Bürger bei der Kranzniederlegung abgebildet waren, blieb auf dem Bild der Printausgabe nur noch Frau Lauterbach übrig. Eine bessere Konterkarierung des dazugehörigen Berichts über das Gedenken, bei dem „Neonazis und Linksextreme“ für Misstöne sorgten, ist nicht mehr möglich.

Was nicht nur für heiße Telefondrähte gesorgt, sondern auch heftige Debatte innerhalb der Redaktion ausgelöst haben soll, ist allerdings weder neu noch kommt es überraschend. Wer nur totalitarismustheoriefixiert gegen die Extremisten von Lechts und Rinks aktiv wird, hat beim „Kampf gegen Rechtsextremismus“ regelmäßig dort das Ende der Fahnenstange erreicht, wenn nicht mehr überdeutlich NPD darauf steht.

Im November vergangenen Jahres machte die Sächsische Zeitung mit ihren die Gegend betreffenden Regionalausgaben mehrfach Werbung für die DSU-Wintergesprächsreihe. Angekündigt wurden Vorträge des Österreichers Richard Melisch, der zunächst beim „Auftakt zum gemeinsamen Wahlkampf von DSU und EID-Partei für die Kommunalwahl 2008″ [1] mit dem Motto „Globalisierung in Ostsachsen – Tatsachen/Hintergründe/Folgen“ [2] in Weinau auftrat. Bei den Veranstaltungen in Moholz (28.11.07) und Kottmarsdorf (30.11.2007) war dann sein gleichnamiges Buch „Der letzte Akt – Die Kriegserklärung der Globalisierer an die Völker der Welt“ Namensgeber.

Die betreffenden Redaktionen wurden nicht bei dem veranstaltenden DSU-Kreisverband stutzig, bei dem immerhin der ehemalige Görlitzer NPD-KV-Vorsitzende Jürgen Krumpholz einen Großteil der Öffentlichkeitsarbeit zu verantworten hat, sie wurden auch nicht beim Referenten stutzig, sie wurden es nicht einmal beim Veranstaltungsmotto. Im Gegenteil: „Der Autor weise auf dringende Kurskorrekturen hin.“ [3] wurde geworben.

Wer da wem den Krieg erklärt, wird in Szeneankündigungen für die Vortragsreise von Melisch deutlich. „Es ist die Allianz von Pentagon & Wall Street, die schon so siegessicher ist, daß sie ihrem Chefstrategen erlaubte, sowohl ihre Welteroberungspläne als auch die dazu führende Strategie zu veröffentlichen. Damit sind ihre „terroristischen“ Gegner ausgemacht: Es sind die Nationalen“

Melisch der auf seiner Reise durch Deutschland eher bei NPD-Verbänden oder der Gesellschaft für freie Publizistik auftritt, ist schon viele Jahre als Publizist im rechten Lager tätig. Seien es Interviews in National-Zeitung oder Deutsche Stimme, diverse Bücher die sich um den Nahen Osten drehen oder Artikel in zahlreichen Zeitschriften der österreichischen Rechten. Dort tritt er auch immer wieder bei den Tagungen der Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP) in so illustrer Gesellschaft wie Horst Mahler, Richard Miosga oder Holger Apfel auf.

Antisemitismus ist bei Melisch Programm. So schreibt das Dokumentationsarchiv des österreichsichen Widerstandes über die Agtitationsschrift „Krisengebiet Nahost“ von Melisch: „Melisch ortet im Nahen Osten zunächst „drei Konfliktparteien“, wovon zwei „von außen eingedrungen“ sind: „der global organisierte, politisch und weltwirtschaftlich agierende, territorial nicht fassbare ZIONISMUS“ und die USA. Ihnen gegenüber stünden der „Noch-nicht-Staat Palästina“ und Israels Nachbarstaaten, welche „über die Jahre größere und kleinere Landesteile an Israel infolge von militärischen Überfällen verloren haben“. (S. 2) Auch mit länger zurückliegenden Ereignissen nimmt es Melisch nicht so genau: Im historischen Palästina lebten angeblich nur „fleißige Bewohner muslimischer oder christlicher Religion“. Die Juden und Jüdinnen verortet der von der Kaumberger FPÖ zum „Augenzeugen der Wirklichkeit“ geadelte Melisch zu Beginn des Ersten Weltkrieges woanders, nämlich in New York. Dort würde man „die großen Bankhäuser und Verleiher, die mächtigen Bosse der Börsen“ (S. 6) finden. Einer von ihnen, „Jakob Schiff vom Bankhaus Kuhn und Loeb“, habe „das Zarenreich wegen seiner judenfeindlichen Politik mit alttestamentarischem Haß verfolgt“. (Ebenda)“ [4]

Angesichts der Ansichten von Melisch zur Bedeutung Bin Ladens, die er in den Huttenbriefen (NR. 5-6/2004), der Zeitschrift des Deutschen Kulturwerkes (Europäischen Geistes) zum besten gibt, der nämlich „mit seiner Unerschrockenheit vor den übermächtig gerüsteten Eindringlingen und Ausbeutern aus den USA und Israel und dank seines im Kampf gegen die ungläubige Sowjetmacht in Afghanistan errungenen Siegeslorbeers die Seele des Widerstandes aller Araber und Muslime weltweit.“ [5] verkörpert, will man die von der Sächsischen Zeitung angepriesenen Hinweise des Autors zu dringenden Kurskorrekturen lieber nicht kennen.