Dresden hat seine Kameraden

Bericht vom Nazi-Marsch am 13. Februar 2001

Rund 750 Altvordere, Glatzen, Jung- und Alt-Nazis sowie die bei solchen Gelegenheiten üblichen tangentialen Fascho-Strukturen versammelten sich in den Abendstunden des 13. Februar hinter der Dresdner Semper-Oper. Diese Prozession rechter Gesinnungsgenossen und Überzeugungsgedenkender marschierte – wie jedes Jahr durch die Stadt genehmigt – unter Polizeischutz am Ufer der Elbe entlang, in unmittelbarer Sichtweite zur Baustelle der Dresdner Synagoge vorbei zum Rathaus. Angeführt wurde dieser Zug durch die transparente Kundgabe des diesjährigen Anmelders „Landsmannschaft Schlesien – Nieder- und Oberschlesien – Landesverband Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.“

Auf dem Transparent hinter folkloristischen Einlagen in allen möglichen und unmöglichen Vertriebenenfähnchenfarben war das vorgegebene Motto dieses Aufmarsches zu lesen: „Ehre den Opfern des Bombenterrors“. Weiter wurden solch nationale Schriftkunststücke wie „Bomber Harris – Mörder tausender Zivilisten“ und „Das war kein Krieg – das war Mord“ mitgeführt. An eher regionalen Nazi-Kadern marschierten MATTHIAS PAUL, ALEXANDER KLEBER, JÜRGEN GÜNZ und STEFFEN HUPKA in und um die Nazi- Demo. Letzterer verteilte gemeinsam mit anderen emsig doitschnational-bedröhnte Flugblätter. GÜNZ stellte, nicht zum ersten Mal, einen klapprig-blechernen Lautsprecherwagen aus dem Fundus der ´Deutschen Stimme´ in Riesa. Zumindest bei der vormittäglichen Kranzniederlegung auf dem Dresdner Heidefriedhof war auch HORST MAHLER anwesend. Des weiteren trottelte der „Nationale Widerstand Berlin-Brandenburg“ und der „Widerstand West“ durch den Dresdner Stadtbereich. Fackeln und Grabkerzen beleuchteten den Nazi- Aufmarsch.

Das der Demo-Route gegenüberliegende Elbufer wurde in diesen Abendstunden durch einen grossdimensionalen aus Kerzen flackernden David-Stern beleuchtet. Ob gewollt oder nicht, leuchtete dieser Stern ausgerechnet von der Stelle, an der die NPD ihre Abschlusskundgebung zum Aufmarsch am 1. Mai 2000 abgehalten hatte.

Wie bereits im Vorjahr endete der Nazi-Umzug am Denkmal der Dresdner Trümmerfrau vor der „Goldenen Pforte“ des Rathauses – aus den auf diesen Platz reichenden Fenstern der Rathaus-Fraktionen keine Regung. Die Diskussion um die „so genannten“ Zwangsarbeiter (Zitat aus der F.D.P./DSU-Fraktion) in der vorigen Woche hat über dieses Gremium der bürgerlichen Demokratie ja mehr als genug gezeigt. Wer erinnert sich im Dresdner Rathaus auch nur an den „Beschluss gegen neonazistische Tendenzen in der Stadt Dresden“ (Amtsblatt vom 1.10.1990) oder gar an das Versprechen des noch immer amtierenden Oberbürgermeisters HERBERT WAGNER (CDU) zum Neujahrsempfang 1991 gegenüber dem israelischen Botschaftsrat AVIV SHIR, er werde nie wieder in Dresden eine Kundgebung von Neonazis zulassen. Alles plakative Makulatur, denn über so etwas wird in Dresden schon lange nicht mehr auch nur der Ansatz einer politischen Diskussion geführt. Zur Erinnerung: Im Jahr 2000 fanden in Dresden die bisher unerreichte Anzahl von 9 Nazi- Aufzügen statt.

Auf der Schlusskundgebung am Denkmal der Trümmerfrau wurde am diesjährigen 13. Februar u.a. von KLEBER „für die Junge Landsmannschaft Ostpreussen“ der ständig wiederkehrende doitschnationale Wortschwall zelebriert. Die Rede reichte von der „Wiederherstellung der Ehre des deutschen Volkes“ bis hin zur Forderung, den „13. Februar als nationalen Feiertag“ einzuführen. Unwürdigerweise hoppelte die abschliessende Lautdarbietung von „Ich hatt´ einen Kameraden …“ holpernd aus den Lautsprechern, so dass diejenigen, denen das Liedgut seit Stalingrad nicht ganz verschütt´ gegangen war, beim Mitsummen vielleicht doch ein wenig durcheinander gekommen sein mögen, aber eben nur da. Drei vorher beim Marsch durch Dresden mitgeführte Kränze wurden von den Nazis am Denkmal der Dresdner Trümmerfrau abgelegt.

Die sächsische Landeshauptstadt scheint bereit – nach dem grossmedialen Aufwand im Vorjahr – die offiziellen „Zeremonien“ zum 13. Februar mehr und mehr in die Hände jedweder Nazis und deren Strukturen zu legen. Das sind ja schliesslich keine nur „so genannten“ Deutschen – Mit freundlichen Grüssen, Ihr Herbert Wagner, Oberbürgermeister, und 70 Stadträte.