Angriff auf Journalist*innen in Dresden-Laubegast – Angreifer sind bekannte Neonazis

Mehrere Personen attackierten am Nachmittag des 13. Februar 2022 in Dresden-Laubegast Journalist*innen und deren Begleitschutz als diese eine Demonstration von Pandemie-Leugner*innen dokumentierten. Die Angreifer lösten sich aus der nicht angemeldeten Demonstration, verfolgten die Gruppe von Journalist*innen über mehrere hundert Meter und attackierten diese körperlich. Mehrere Verletztungen waren die Folge, ebenso beschädigte Technik. Die Angreifer waren keine Unbekannten, sondern seit Jahren bekannte Neonazis.

Markierter Screenshot aus dem Video von vue.critique
Markierter Screenshot aus dem Video von vue.critique

Angeführt wurde die Attacke von Hans Böhm (Jahrgang 1991), Philip Stier (Jahrgang 1990) sowie den Brüdern Max (Jahrgang 1987) und Moritz Schreiber. Böhm und Stier gehören zum Umfeld der Freien Kameradschaft Dresden, beide sind im Dresdner Osten beheimatet und bereits seit den 2000er Jahren regelmäßig auf Naziveranstaltungen in Dresden und Umgebung anzutreffen. Die Brüder Schreiber leben in Heidenau. Max Schreiber war 2019 für die NPD Landtagskandidat, derzeit ist er im Vorstand des Kreisverbands der „Freien Sachsen“ im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Sein Bruder Moritz ist im Prepper-Milieu unterwegs. Beide beteiligten sich wiederholt an den Demonstrationen des Corona-Leugner-Milieus in Laubegast und Heidenau.

Max (rechts) und Moritz (links) Schreiber am 16. Januar 2022 in Dresden-Laubegast
Max (rechts) und Moritz (links) Schreiber am 16. Januar 2022 in Dresden-Laubegast. Quelle: vue.critique

Erfahrungen mit solcherlei Angriffen haben mindestens die drei erst genannten. Böhm ist wegen eines Angriffs im Jahr 2009 verurteilt. Damals hatte er u.a. mit Christian Leister, Marco Eißler und Kay Nowotny im Nachgang an einen Verhandlungstermin wegen eines Neonazi-Überfalls am Landgericht Dresden einen Prozessbeobachter attackiert und verletzt. Auch Stier stand bereits wegen Körperverletzungsdelikten, Sachbeschädigung und dem Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen vor Gericht. Aufgrund fehlender Beweise wurde er jedoch nicht in allen Fällen verurteilt.

Philip Stier (links) und Hans Böhm (rechts) beim Naziaufmarsch am 15. Februar 2020 in Dresden
Philip Stier (links) und Hans Böhm (rechts) beim Naziaufmarsch am 15. Februar 2020 in Dresden. Quelle: Tim Mönch

Max Schreiber, derzeit selbstständiger Gerüstbau-Unternehmer, hat ebenfalls Gerichtserfahrung. Er stand 2018 mit Tommy und Philipp Wego vor Gericht, beide gehören zum engen Umfeld des Haus Montags in Pirna. Vorgeworfen wurde den dreien u.a. schwere Brandstiftung. Sie sollen 2016 einen Anschlag auf eine Asylunterkunft geplant haben. Das Verfahren endete in einem Freispruch. Im Zuge des Verfahrens wurde jedoch bekannt, dass Schreiber 2015 die Flyer produziert haben soll, die zur Blockade der Busse aufriefen, die die Erstaufnahmeeinrichtung in Heidenau ansteuern sollten. Im August 2015 versuchten mehrere hundert Neonazis den Bezug der Unterkunft zu verhindern, errichteten Barrikaden und griffen die Polizei an.

Max Schreiber war 2017 Kanditat für die NPD zur Landtagswahl und machte Wahlkampf
Max Schreiber war 2019 Kanditat für die NPD zur Landtagswahl und machte Wahlkampf für die Partei. Screenshot: Facebook

Gefilmt wurde der Übergriff in Dresden-Laubegast von Querdenken351-Organisator Marcus Fuchs. Sein Handyvideo taucht wenig später auf der Facebookseite „Infokanal Heidenau“ auf, die von Max Schreiber betrieben wird. Der Angriff auf die Journalist*innen wurde dort zum „Angriff auf den Spaziergang“ umgedeutet. Die Seite existiert seit August 2021 und dient zur Mobilisierung für die Proteste der Pandemie-Leugner*innen in Heidenau. Aus der politischen Herkunft wird kein Hehl gemacht: Die URL der Seite, „NPDSSOE“, verweist noch auf die Zeit Schreibers bei der Neonazipartei. Derzeit wird das nächste neonazistische Projekt beworben. Im Mittelpunkt steht der Landratskandidat der „Freien Sachsen“ Andreas Hofmann, alias „DJ Happy Vibes“. Dass das von Fuchs gefilmte Video auf einer ehemaligen NPD-Seite auftaucht, verdeutlicht einmal mehr die Verstrickungen und Vernetzungen der „Querdenker:innen“ in das klassische Nazimilieu.

Der Angriff von Dresden-Laubegast ist kein Einzelfall. Seit Beginn der Proteste von Pandemie-Leugner*innen sind daran aktiv Neonazis involviert und beteiligt. Sie nutzen die Demonstrationen zuletzt verstärkt dazu, diejenigen in den Fokus zu nehmen, die über diese Demonstrationen kritisch berichten. Die Polizei lässt sie dabei immer wieder gewähren.