Hilfe, ich habe meine Partei geschrumpft. Die NPD am 1. Mai in Dresden

Unter dem Motto „Sozial geht nur national“ mobilisierte die NPD zum 1. Mai nach Dresden. Neben Kundgebungen in Eisenhüttenstadt und Guben in Brandenburg sowie einer Demonstration in Wismar in Mecklenburg-Vorpommern, sollte Dresden in diesem Jahr das zentrale Event der Partei werden.

Doch die einstige Anziehungskraft der NPD, an die versucht wurde anzuknüpfen, scheint auch in dem Bundesland, in dem die Partei von 2004 bis 2014 im Landtag saß, endgültig verloren. Angemeldet für 400 Teilnehmer folgten gerade einmal knapp 200 Neonazis dem Aufruf zur Mai-Demonstration. Alle Parteiprominenz wurde aufgeboten, und doch blieb die Resonanz weit hinter den Erwartungen zurück: der Europaparlamentsabgeordnete Udo Voigt, der Bundesvorsitzende Frank Franz, Landesvorsitzender Jens Baur, wie auch der sächsische Spitzenkandidat zur Landtagswahl Peter Schreiber waren als Redner angekündigt. Wie üblich in Dresden war auch der Vorsitzende der „Tschechischen Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit“ DSSS, Tomáš Vandas, als Redner zu Gast.

Die Jungen Nationalisten (JN) hatten gemeinsam mit der NPD nach Dresden aufgerufen, der JN-Bundesvorsitzende Christian Häger war ebenfalls als Redner vor Ort. Doch auch die JN vermochten keinen Mobilisierungserfolg zu bewirken. Die Jugendorganisation bildete, einheitlich gekleidet in weiße T-Shirts mit der Aufschrift „Antikapitalisten aus Tradition“ und mit zahlreichen JN-Fahnen sowie einer überdimensionalen Deutschlandfahne, den ersten Block und gut ein Viertel der gesamten Demonstration. Dahinter fand sich die lokale und regionale Parteigefolgschaft ein, darunter die übrig gebliebenen Mandats- oder Amtsträger: Stadt- und Kreisräte, wie Stefan Trautmann (Döbeln) oder Jürgen Gansel (Riesa) oder Kreisverbandsvorsitzende wie Max Schreiber (Sächsische Schweiz-Osterzgebirge), Dietmar Grahl (Dresden) und Ines Schreiber (Meißen). Aufgefüllt wurden die Reihen mit überregional angereisten Kameraden der NPD Hessen und Ingolstadt. Auch Torsten Heise aus Thüringen war angereist. Man blieb weitestgehend unter sich und dies auch noch lückenhaft, denn nicht wenige altgediente Kader der Partei fehlten genauso wie die ost- und westsächsichen Kreisverbände.

Udo Voigt, Frank Franz, Paul Rzehaczek (am Transparent), davor rechts Jens Baur
im Hintergrund rechts, Maik Müller (Rücken) redet mit Jens Pühse (Quelle: Matthias Schwarz)

Zentrales Thema der Reden, insbesondere des sächsischen Landesvorsitzenden und Dresdner Stadtrats, Jens Baur, war dann auch die Selbstvergewisserung über die eigene politische Notwendigkeit und die Beanspruchung der wahren Vertretung der nationalen Interessen. Ohne die AfD oder Pegida namentlich zu erwähnen, wurde immer wieder betont, dass die NPD die einzige Partei sei, die tatsächlich Veränderung bringe und es im Grunde schon immer gewusst und gesagt habe. Fast wehmütig wurde auf die zwei Legislaturperioden im sächsischen Landtag zurückgeblickt, fast verzweifelt um Anerkennung geworben angesichts dessen, was man alles im Dresdner Stadtrat erreicht habe. Darüberhinaus propagierten die Redner entsprechend dem Motto völkischen Nationalismus und Rassismus.

Doch nicht allein an der mangelnde Teilnahme dürfte es gelegen haben, dass der 1. Mai in Dresden alles andere als ein Erfolg für die NPD gewesen ist. Bereits nach 100 Metern stoppte der Aufmarsch, die erste Sitzblockade versperrte den Weg. Es begannen vier Stunden stop-and-go, Routenwechsel und Verhandeln der beiden Versammlungsleiter Jens Baur und Maik Müller. Nach einer ca. einstündigen Zwangspause auf der wiederholt blockierten Ausweichstrecke, wendete die Demo, zügigen Schrittes eilte sie zum nächstgelegenen Bahnhof. Hier musste die NPD ihren 1. Mai Aufmarsch bereits nach halber Strecke beenden.

Doch damit nicht genug: Frank Franz und Peter Schreiber kassierten jeweils eine Anzeige wegen Volksverhetzung. Ganz widerständig wiederholten beide in ihren Reden den gerade vom Bundesverfassungsgericht als Volksverhetzung gewerteten Slogan „Migration tötet“. Die NPD wollte das ZDF per Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht verpflichten den gleichlautenden Wahlwerbespot auszustrahlen. Das ZDF hatte sich geweigert, denn nach Auffassung des Senders, bestätigt durch das Verwaltungsgericht Mainz sowie des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, erfülle dieser Wahlwerbespot den Straftatbestand der Volksverhetzung. Diese Auffassung bestätigte der Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 27. April.